Freitag, 25. Juli 2014

Hey Kulturgemeinde, bleib aufmerksam!

Offener Brief an die Kulturgemeinden


Manche Rechnung, die unsereins heutzutage aufstellt, fällt kompliziert, manch andere höchst simpel aus. Wenn ich mich morgens mit hundert Säcken Kartoffeln auf einen Marktplatz stelle und über den Tag hinweg achtzig oder mehr davon verkaufe, komme ich nächstes Mal sicherlich wieder. Verkaufe ich nur die Hälfte oder weniger, wird sich die Wiederkehr nicht rechnen.

Nun sprechen wir jedoch nicht von Kartoffeln, einem Grundgut unseres Nahrung. Wir sprechen von Kulturveranstaltungen. Wer Kultur schafft, gibt seinem Publikum einen physisch weit weniger greifbaren Gegenwert für seine hart verdienten Münzen und Scheine. Viel mehr werden Geist und Phantasie inspiriert.

Das Ausgehverhalten wird angeregt, sich von neuen Eindrücken begeistern zu lassen und vielleicht das Tanzbein zu schwingen. Gemeinschaftlich schön gestaltete Stunden zu erleben und den Rhythmen des Familienbetriebes zugunsten von Melodien und Gesängen eine Pause zu gönnen. Sicher spricht es manchem aus der Seele, dem eigenen Geist ein wenig Abwechslung zu verschaffen und daraus neue Kraft und Energie zu tanken.

In vielen Städten blühte einst ein Reichtum an Veranstaltungen. Von Festivals über Indoor- und Open Air Konzerte, durchgeführt von selbstständigen Initiatoren. Doch diese Landschaft ist weithin ins Abseits geraten. Die Vielfalt ist geschrumpft, das Spektakel reduziert.

Schwankende Publikumszahlen verlangen einem Veranstalter viel Zuversicht und ein starkes Nervenkostüm ab, wenn sich der Vorverkauf eines aufwendig vorbereiteten Abendprogramms schleppend hinzieht und die Organisatoren verblüfft gegenan rudern und spekulieren, ob die Auswertung der Abendkasse dem Happy End Tür und Tor öffnen wird oder nicht. Und da haben wir sie wieder, die hundert Säcke Kartoffeln. Sind am Ende achtzig Prozent der Tickets oder mehr über den Tisch gegangen, wird es ein nächstes Mal geben. Wenn nicht, dann nicht.

Wer sich überlegt, dem heimischen Sofa dieses Mal den Vorzug zu gewähren und dafür beim nächsten Termin ganz bestimmt dabei zu sein, könnte erleben, was geschieht, wenn dieser Gedanke in zu vielen Köpfen dominiert. Die Musik hat dann bereits aufgehört zu spielen, die Musiker kommen nicht mehr wieder und die Lichter bleiben aus. Wer möchte schon ein paar Tausend Euro ins Blaue investieren? Das kann sich kaum jemand erlauben.

Darum möchte ich Sie mit diesen Worten inspirieren, die Wertschätzung für den regionalen Kulturbetrieb stets im Auge zu behalten und sich zum richtigen Zeitpunkt im Szene-Laden Ihrer Wahl eine Pause zu gönnen. Sowohl von den Rhythmen des Alltags, als auch von der gewohnten Gemütlichkeit des eigenen Wohnzimmers. Wenn Sie schon im Vorverkauf zugreifen, wird Ihnen der Veranstalter für die Planungssicherheit zusätzlich dankbar sein.

Wir, die Kunstschaffenden für Literatur, Musik, Theater und vieles mehr, möchten Ihnen mehr bieten, als die Wiederholungen in der Flimmerkiste hergeben. Bei uns spielt sich das echte Leben ab. Seien Sie dabei. Wir freuen uns auf Sie. Vielen Dank und Auf Wiedersehen.

Frank Ramson

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